1. Einleitung

Das Söldnerwesen in der Geschichte des Kriegswesens ist so alt wie der Krieg selbst.

Wir finden die gegen Entlohnung kämpfenden, oft fremdländischen Krieger bereits im Altertum, die Griechen in den Heeren der Pharaonen und Perserkönige, die Numidier im Dienste Karthagos, die Germanen im Sold der römischen Imperatoren, die Waräger am Hofe von Byzanz, die türkischen Miettruppen im Dienste des Kalifen in Bagdad, über die Fremdenlegionäre der Neuzeit bis zu den „Weißen Riesen“ der letzten Jahre in den Kämpfen in Katanga und Rhodesien.

Doch kaum eine Truppe ist in unserem Sprachraum so bekannt und populär geworden wie die Landsknechte, wenn auch die Bezeichnung selbst jetzt fast nur im negativen Sinne gebraucht wird.

Schon in der historischen Literatur zeigen sich äußerst divergierende Züge, da die Quellen selbst unvereinbare Zeugnisse bieten.

Wilhelm Erben schreibt: „Der deutsche Landsknecht gehört zu den populärsten Figuren der Geschichte. Nicht nur die Historiker des Kriegswesens nehmen Anteil an ihm, auch die Kulturgeschichtsschreiber der verschiedensten Richtungen wenden ihm ihre Aufmerksamkeit zu. Daß eine hohe Blüte der Illustrationskunst zeitlich mit der Entfaltung des Landsknechtwesens zusammenfällt, mag zum Teile diese Erscheinung erklären; die gleichzeitigen Bilder haben uns mit den trotzigen Gestalten und dem malerischen Kleide, mit dem schwerfälligen Gewalthaufen und dem Lagerleben der Landsknechte vertraut gemacht. Ebenso große Anziehungskraft üben ihr volkstümliches Wesen und die kräftige Sprache, in welcher Ihre Ordnungen und Gewohnheiten uns überliefert sind“.

Ohne Zweifel waren die Schweizer und die Schweizer Söldner des ausgehenden 15. Jahrhunderts die Vorbilder und Lehrmeister der Lanksknechte. Im 15. Jahrhundert erfreute sich der deutsche Söldner noch keines besonderen Ruhmes, doch wurde durch die Reformen Kaiser Maximilians der Begriff des Landsknechtes und das Landsknechttum zu einem scharf umrissenen Begriff mit bestimmten Eigenschaften im guten wie im bösen Sinn, die anderen Söldnern fehlten.

„Sie dienten dem Kaiser und entwickelten ein häufig fast chauvinistisch anmutendes nationale Engagement; sie ließen sich anwerben von den Fürsten des Reiches, aber auch vom französischen König. Sie konservierten in ihren Regimentern archaische Verfassungsformen und machten zugleich Vorstellungen geltend, die den heutigen Beobachtern modern anmuten. Sie begriffen sich als Orden und entwickelten Formen der Verwaltung, des Brauchtums und der Rechtspflege, die ihnen eine feste, innere Geschlossenheit und Disziplin gaben; vielfach aber verweigerten sie jeden Dienst, entglitten der Gewalt ihrer Kommandeure und wurden zur Soldateska. Sie galten sich selbst als militärische Elite, aber Quellen belegen, daß nicht nur Beuteerwartung und der Glanz des Erfolgs ihr Verhalten bestimmen, sondern auch der nüchterne Wunsch, zur Not durch Absprache mit dem Gegner den ‘Arbeitsplatz’ zu erhalten.“

In der vorliegenden Arbeit soll nun versucht werden, die Entstehung, Organisation und rechtliche Ordnung dieser Truppe zu schildern und zu durchleuchten. Es ist nicht leicht, eine Definition dieser Krieger zu geben, und ich formuliere es wie folgt:

Landsknecht sind ein in taktischen Einheiten kämpfender, aus Söldnern, die auf eine ganz bestimmte Zeit angeworben wurden, bestehender Truppenkörper von Fußsoldaten, die eigenen Rechtsnormen unterworfen waren und deren Hauptwaffe der Langspieß war. Ihre Entstehung fällt in die letzten Jahrzehnte des 15., ihre Blüte in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Die Vorläufer der Landsknechte und ihre Lehrmeister waren die Schweizer Reisläufer, doch treten diese, vor allem seit den Schlachten von Marignano, Bicocca und Pavia in den Hintergrund. Von ihrem früheren Ruf und Ruhm kündet heute noch die Schweizer Garde des Papstes, die seit den Tagen Julius II. (1503-1513) besteht. Auch die Garde des französischen Königs bis zur Großen Revolution wurde aus ihnen rekrutiert.

Bereits im vorigen Jahrhundert begann sich die Wissenschaft mit den Landsknechten zu befassen. Bahnbrechend war das Werk von Friedrich Wilhelm Barthold, das zum Teil jetzt noch verwendbar ist.

Die Werke von Friedrich Blau und von Josef Eduard Wessely (siehe 5) sind wegen ihrer Bildtafeln von zeitgenössischen Künstlern der Landsknechtzeit höchst interessant. Hingewiesen sei auch noch auf das Werk von Martin Nell, der sich besonders mit dem Verdienst Maximilians I. um dieses neue deutsche Fußvolk auseinandergesetzt hat.

In der Geschichtsschreibung des Dritten Reiches gewannen die Landsknechte größere Bedeutung und wurden zu Vorkämpfern ‘urdeutschen, nationalsozialistischen Soldatentums’. Die bekanntesten Werke darüber sind von Paul Schmitthenner, Martin Lezius, Hans Stöcklein und Eugen Frauenholz.

Es ist bemerkenswert, daß in der historischen deutschen Literatur seit dem Zweiten Weltkrieg dieser Fragenkomplex so wenig Beachtung gefunden hat. Hängt es vielleicht mit der Bewältigung der deutschen Vergangenheit zusammen? Das bereits zitierte, im Jahre 1976 in Wiesbaden erschienene Werk von Hans Michael Möller behandelt eingehend auf Grund von umfassendem Quellenstudium und der einschlägigen Literatur den Verband, die Rechts- und Ordnungsämter, sowie das Rechtsverfahren der Landsknechte.

Über die Bewaffnung und Ausrüstung der Landsknechte schreiben in neuester Zeit sehr ausführlich und mit Illustrationen Liliane und Fred Funcken.

Rainer Wohlfeil schildert in seinem Beitrag zur Problematik der deutschen Führungsschichten in der Neuzeit  den Wandel, dem sich der Adel unterwarf, indem er vom Pferd stieg, die ritterlichen Waffen ablegte und mit dem Langspieß auf der Schulter in die Reihen des Fußvolkes eintrat.

Der Kriegsdienst gegen Sold war aber nicht nur Gegenstand der militärisch-politischen, sonder auch der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. „Der militärische Führer im 16. Jahrhundert ist a u c h Unternehmer, der Knecht ist a u c h Arbeitnehmer, aber wesentliche Teile seines Handelns und damit letztlich der militärische Erfolg sind damit nicht erklärt“.

Erst das Zusammenspiel von wirtschaftlichem Denken, Disziplin, taktischer Erfordernis und oft charismatischem Ruf und Einfluss der Landsknechtführer gibt diesem Truppenkörper sein charakteristisches Gepräge.